Ein einsamer Arbeitsplatz ....?
Seit acht Jahren fliege ich nun
Gleitschirm und vor vier Jahren habe ich mich entschlossen, mich zum Windenführer einweisen zu lassen. Seitdem sitze ich regelmäßig am Wochenende auch auf der
Winde und sorge dafür, dass die Piloten
sicher in die Luft kommen.
An vielen Tagen sitzt man auch
ganz alleine dort und bekommt nur kurze Abwechslungen, z.B. wenn der Quadfahrer die Seile wieder holt. Ansonsten hört man nur den Funk, beobachtet das Wolkenspiel, die kreisenden Bussarde (sofern welche da sind).... und und und.
Winde fahren ist aber einfach mehr als
nur den Funk bestätigen, Gewicht einstellen und Gas geben. Es gibt ganz viele
Situationen, auf die man sich einstellen und gefasst sein muss, um im
entsprechenden Augenblick richtig zu reagieren. Bei jedem Schlepp ist man sich
der Verantwortung bewusst, das auf der andren Seite vom Seil nicht nur ein Pilot
ist der fliegen will, sondern auch ein Menschenleben an einem dünnen Seil hängt.
Hier einmal ein paar Eindrücke
aus dem Leben eines Windenführers:
Mit etwas Glück scheint die Sonne,
leichter Wind und am Funk ist es ruhig.
Man lässt seinen Gedanken einfach so freien Lauf und wartet auf das, was als nächstes passiert. Nichts- die Minuten
vergehen, keine Anmeldung. Man überlegt schon mal, ob die alle keine Lust mehr haben,
keine Information. Dann plötzlich knackt es im Funk und eine Stimme sagt: „
Winde für Start“. Ich antworte, dass die Winde hört und warte. Wiederum
vergehen die Minuten und nichts passiert. Dann plötzlich die Anmeldung für den
nächsten Piloten. Es wird der Name, das Gewicht und der Gleitschirm
durchgegeben. Schnell notiere ich die Daten und stelle dann die
Zugkraftbegrenzung auf das Gewicht des
Piloten ein und bestätige alles. So weit ok, den Piloten kenne ich und bleibe
entspannt. Dieser Pilot kann gut starten und ist ein routinierter Flieger. Bei diesem Wetter
sollte alles reibungslos funktionieren. So etwas ist einfach, da wir uns mit unseren
Schlepps auf jeden Piloten einstellen.
Ganz anders verhält es sich, wenn
ein Pilot angemeldet wird den man nicht kennt, oder ganz spannend: ein "Rookie", der seinen ersten Flug an der Winde macht. Also: Alle Sinne auf Alarm! Der Start wird nun sehr genau beobachtet.
Aber was passiert eigentlich an
der Winde?
Wie bereits gesagt, es werden alle
Daten die man bekommt notiert und die Winde wird auf das Pilotengewicht
eingestellt und bestätigt, alles per Funk. So weit, so gut. Ab dem Kommando
„Seil anziehen“ beobachten wir das Gelände und die Aktionen im Startbereich. Parallel hören wir gespannt auf die Kommandos im Funkgerät. Dann „Seil
straff“……….. die Konzentration steigt……….“FERTIG“. Langsam beginne ich dem
Gashebel zu ziehen. Schaue aufs Seil und in Richtung Start. Wo kommt der Schirm?
Dann sehe ich ihn. Das Seil ist super gespannt, ich erhöhe die Zugkraft und
beobachte gespannt die Reaktion des aufsteigenden Schirmes - was macht er? Er
kommt schön gerade nach oben. Ich erhöhe weiter die Zugkraft. Der Gleitschirm
steht gerade über den Piloten. Nun ich sehe ich, wie der Pilot abhebt. Ich
hoffe, dass der Schirm schön weiter gerade aus fliegt und halte die
Schleppgeschwindigkeit, bis der Pilot
den nötigen Sicherheitsabstand Boden hat. Dann beschleunige ich den Schlepp
auf volle Touren. Immer den Piloten im Auge und aufpassen, dass er nicht zur
Seite ausbricht. Schön gerade fliegt der
Pilot auf die Winde zu. Der Wind bleibt auch
moderat....ein schöner Schlepp. Dann kommen die Beinzeichen, der Pilot
will ausklinken. Ich nehme langsam den Zug raus und warte, bis der Pilot ausklinkt. Nun noch das Seil einziehen, immer den Seilfallschirm im Auge, aufpassen das
niemand im Weg steht. Geschafft, das Seil liegt kurz vor der Winde am Boden und wieder beginnt das
Warten. Das war ein Schlepp der einfach war, keine „Katastrophe“, einfach nur
den Piloten nach oben bringen.
Aber es geht auch anders ...
Eine neue Anmeldung eines Piloten,
das Ganze geht von vorne los. Bis „Seil straff“ ist der Ablauf fast immer gleich. Ab dem Kommando „FERTIG“ kommt es dann oft anders.
Langsam beginne ich das Seil zu ziehen. Ein Schirm steigt auf---dreht sich nach
rechts. Ich ziehe nur leicht am Gashebel, gebe dem Piloten die Möglichkeit den
Schirm zu unterlaufen. Höre über Funk wie Peter sagt „Links steuern – Links
steuern“. Der Schirm dreht sich nach links. Es sieht aus, als ob der Pilot den Schirm wieder unter Kontrolle
hat. Ich erhöhe die Zuggeschwindigkeit. Dann dreht sich der Schirm nach links.
Ich höre Peters Stimme über Funk „rechts steuern – rechts steuern“ wieder dreht sich der Schirm, der Pilot hat auch bereits abgehoben. Ganz vorsichtig lasse
ich den Zug nach, damit der Pilot den Schirm besser kontrollieren kann. Aber
aufpassen, den Zug nicht ganz nachlassen, sonst pendelt der Pilot zu weit durch,
also mit viel Gefühl und immer beobachten, wie der Schirm sich verhält. Nur
nicht in den „Logout“ ziehen, “Lebensgefahr“
Der Schirm dreht sich wieder in Richtung Winde. Ich warte etwas. Der Pilot hat
nun den Schirm wieder auf Kurs. Langsam erhöhe ich die Zugkraft und versuche
dem Piloten noch so viel an Höhe mit zu geben, wie es geht.
Sollte ich je ein Buch über die
vielen, unterschiedlichen und auch kritischen Situationen schreiben, so hätte es wohl einige Seiten. Ich
versuche, nicht nur die beste Höhe mit zu geben, sondern auch höchste
Sicherheit zu gewährleisten. In nur wenigen Sekunden muss ich in Gefahrensituationen entscheiden, wie viel
Zugkraft ich gebe und manchmal muss ich auch über einen Startabbruch
entscheiden, auch wenn der Startleiter den Start nicht abbrechen wollte. Ich entscheide über einen Startabbruch , wenn es mir zu gefährlich aussieht. Lieber einen
kontollierten Startabruch zu viel, als einmal zu wenig.
Allen Piloten empfehle ich, sich
einmal die Zeit zu nehmen und uns Windenfahrer an der Winde zu besuchen. Einmal aus der Perspektive des Windenfahrers einen Start
beobachten. Ihr werdet sehr schnell sehen, das es nicht einfach nur Gas geben
ist, sondern viel mehr dahinter steckt. Weiterhin hat es dann den Charme, dass
der Windenfahrer dann nicht mehr den einsamsten Job der Welt hat.
Also auf geht’s und frei nach dem
Motto
„Jeder Start ist optional. Jede
Landung ist unabdingbar“
Euer Ralf
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vielen Dank für Deinen Eintrag